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Sehnsucht nach Gotteserfahrung

Sonntag, 4. Juni 2023


Das Christentum scheint in der westlichen Welt blutleer geworden zu sein. Aus der mittlerweile Jahrzehnte andauernden Kirchenkrise hat sich eine handfeste Glaubenskrise entwickelt. Ist es nur die fehlende Glaubwürdigkeit von Amtsinhabern und die mangelnde Dialogbereitschaft innerhalb der Kirchenhierarchie oder steckt mehr dahinter?

Aus meiner Sicht hat die Krise viel damit zu tun, dass Religion die Menschen nicht mehr erreicht, nicht berührt. Die Kirche zeigt sich seit Jahrhunderten als eher exoterisch, nach außen gerichtet, beschäftigt mit Lehre und Verkündigung und enthält dem gemeinen Kirchenvolk mehr oder weniger die eigene Erfahrung mit Gott vor. Die christliche Botschaft wird bis heute mehr gelehrt denn gespürt und erfahren. Die immer stärker werdende Gegenbewegung, die Esoterik, das Nach-Innen-Gerichtet-Sein, scheint ohne spezifische Religion auszukommen und ist als Sammelsurium spiritueller Lehren eher zum Schimpfwort degradiert.

Macht es nicht Sinn, sich gegenseitig zu bereichern im Sinne des Sowohl-Als-Auch der Mystiker? Wer meinen Blog seit längerer Zeit verfolgt, erkennt mich als einen offenen Menschen mit christlichen Wurzeln und dem tiefen Bedürfnis nach Erfahrung der göttlichen Quelle, die Frieden und Heilung verspricht. Wenn die Kirche mir diese Erfahrung zumindest in weiten Teilen nicht geben kann bzw. will, muss ich mich halt in der Verantwortung für mein Leben und dessen Sinn selber auf die Suche machen. Der Mangel an Spiritualität in meiner Kirche hat mir - und das ist die gute Seite daran - viele Türen geöffnet und kennt nur wenige Tabus. Auch vor der traditionellen Jesus-Deutung macht er nicht Halt und so erkenne ich in Jesus eine wunderbare Spiritualität, die ihn in seine enge Beziehung zum Vater, in die Einheit mit Gott und allem, was ist, führt. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass Jesus in weiten Teilen von seiner unmittelbaren Gefolgschaft nicht wirklich erkannt wurde. Es war kein Zufall, dass Maria von Magdala ihn als den Auferstandenen identifizierte, während Thomas und seinesgleichen die Wundmale des Freundes als Beweis benötigten. Hier kommen die verschiedenen Bewusstseinsebenen ins Spiel. Wenn man Jesus mit den Augen irdischer Dualität betrachtet, ist es kein Wunder, was in Kirche über die Jahrhunderte hinweg passiert ist und heute nach wie vor passiert. Die göttliche Ebene „tickt“ anders. Sie kennt keine Verurteilung, keine Bewertung, keinen Ausschluss. Sie kennt nur bedingungslose Liebe - ohne jegliche Ausnahme. Schwer vorstellbar für uns Erdenbürger und doch so wahr. Käme doch diese Botschaft endlich in unseren weltlichen Gotteshäusern an! Umso wunderbarer ist es, dass es immer wieder Menschen gab und gibt, die in ihrer Sehnsucht nach wirklicher Gotteserfahrung über den Tellerrand ihrer jeweiligen Religion hinausgeschaut und ihr Herz befragt haben. Menschen, die den Weg aus der Enge dogmatischen Kirchen- und Religionsdenkens in die Weite göttlichen Bewusstseins gewagt haben. In diesem Zusammenhang fällt mir spontan der Jesuit Karl Rahner ein. Er hat in den 1960er Jahren den berühmten Satz formuliert, der Christ von morgen werde Mystiker sein oder er werde gar nicht mehr sein. Wie wahr und doch leider immer wieder ignoriert! Ich für meinen Teil bin sehr dankbar für die zahlreichen Bücher und Schriftstücke, die Zeugnis von der Suche des Menschen nach Gott ablegen. Sie waren mir immer impulsgebend für meinen eigenen Lebensweg mit Gott. Und vielleicht erreicht dich auch die eine oder andere Botschaft - aus meinen Blogs oder sonst woher.


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