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Gespräche mit Gott (2)

Sonntag, 9. Juli 2023


Im Gegensatz zu einer Theologie des Getrenntseins mit der Vorstellung eines Gottes „irgendwo da draußen“ basieren die Botschaften aus den Gesprächen mit Gott - wie im spirituellen, mystischen Gedankengut überhaupt - auf der Idee und dem Erleben der Einheit von und mit allem, was ist. Wir sind alle Teil von Gott und können von Gott nicht getrennt sein, so wie wir auch alle Teil voneinander sind und nicht getrennt werden können (Kernbotschaft 1). Wow, welche Konsequenzen das nach sich zieht!

Wie ist es dazu gekommen, dass wir uns als Individuen wahrnehmen, die von allem, was ist, getrennt sind? Um die Entstehung der Wahrnehmung der Trennung ranken sich so einige Erklärungsversuche (Ätiologien); der in unserem Kulturkreis bekannteste ist die biblische Vertreibung aus dem Paradies (der Einheit mit Gott und allem, was ist). Gott gebietet dem Menschen: Von allen Bäumen im Garten darfst du essen, nur von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen, von dem darfst du nicht essen; denn sobald du davon isst, musst du sterben (Gen 2,16f). Die Erkenntnis von Gut und Böse steht für die duale Welt der Gegensätze, der Trennung; der physische Tod (musst du sterben = bist du sterblich) kann hier interpretiert werden als die Aufhebung der Einheit mit Gott (in und mit Gott existiert der Tod nicht!). Wie in der Genesis genial formuliert, geht es um Erkenntnis, um Unterscheidung. So mag es in den frühesten Tagen unserer Entwicklungsgeschichte geschehen sein, als wir unsere erste Erfahrung mit einem „anderen“, einem Gegenüber machten – und unser Getrenntsein von diesem „anderen“ erkannten. Diese Idee separater Individuen wuchs sich auf kollektiver Ebene über die Zeit derart aus, dass die allem zugrundeliegende Wahrnehmung der Einheit (ich bin ein Teil des Ganzen) überlagert, schließlich vergessen und die Trennung zum Fundament unseres gesamten Verständnisses vom Leben wurde: Ich und du; das gehört mir und das gehört dir; ich bin stärker als du; ich bin gut und du bist schlecht; ich habe recht und du hast nicht recht; ich gegen dich; mein Land gegen dein Land; meine Religion gegen deine usw. Der paradiesische Frieden der Einheit ist seitdem verloren und Überlebenskampf als evolutionäre Idee an seine Stelle getreten. Um wie viel anders wäre unser aller Leben, könnten wir auch nur einen Hauch der ursprünglichen göttlichen Einheit neu wahrnehmen!

Aus der Erfahrung der Einheit würden wir aus der Liebe heraus leben, denn Liebe ist alles, was es gibt (Kernbotschaft 12). Es gibt nichts, was du tun musst (denn Gott will nichts, braucht nichts, verlangt nichts, befiehlt nichts), aber aus der Liebe heraus viel, das du tun wirst (Kernbotschaft 3). Nun magst du einwenden, dass es doch so viel Leid, Schmerz, Hass und Unglück auf der Welt gebe, von Menschen einander zugefügt. Walsch entgegnet, dass der einzige Grund, aus dem wir irgendetwas unverzeihlich nennen, der ist, dass wir die Beweggründe der anderen nicht verstehen. Aber Gott versteht sie (wenngleich er das entstehende Leid zutiefst betrauert). Verständnis ersetzt nach Walsch die Notwendigkeit des Vergebens und Verzeihens. Wenn wir es besser wüssten, würden wir es auch besser machen – ähnlich den Worten Jesu am Kreuz: Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun (Lk 23,34). Die Kernbotschaft 8 bringt es noch einmal auf den Punkt: Niemand tut angesichts seiner Modellvorstellung von der Welt etwas Unangemessenes. Das klingt aus irdischer Sicht schon ganz schön provokant, oder?

Walsch lernte, dass das Leben mit gar nichts von dem zu tun hat, wovon er dachte, dass es im Leben ging. In seiner Krise erarbeitete er sich seinen wirklichen Daseinssinn: sein Einssein mit dem Leben und mit Gott. Er wusste, dass niemand ihm je diese Basis würde wegnehmen können, kein Krieg, keine Krankheit, kein Verlassenwerden, kein Garnichts. Und auf dieser Grundlage entwickelte sich die tiefe Erkenntnis in ihm: Alles im Leben geschieht zu unserem allerhöchsten Wohl, auch wenn uns oft nicht klar ist, worin dieses Wohl besteht. Wir sind halt gefangen in unserer kleinen subjektiven Sicht auf die Welt und fern, sehr fern vom Erkennen des großen Ganzen. Das ist Vertrauen in Gott pur! Ist das nicht beneidenswert?


Lies hier den dritten Teil meines Blogs zu den Gesprächen mit Gott.


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