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Tod

Sonntag, 26. Februar 2023


„Bedenke Mensch, du bist Staub, und zu Staube kehrst du zurück“ – so die begleitenden Worte beim Empfang des Aschenkreuzes im kath. Gottesdienst zu Aschermittwoch, dem Beginn der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern.

Der Tod ist DAS Tabuthema unserer Gesellschaft, so sehr tabu, dass wir nicht darüber reden und alles wegdrängen, was mit ihm zu tun hat. Mein Opa, verstorben in den 1950er Jahren, wurde noch bis zu seiner Beisetzung zu Hause aufgebahrt; so hatten alle Familienmitglieder und seine Freunde Gelegenheit, von ihm in Liebe und in Würde Abschied zu nehmen und so auch ihre eigene Trauer zu verarbeiten. Anders heute: Die meisten Menschen versterben heute ohnehin im Krankenhaus oder im Altenheim und werden dort schnellstmöglich vom Bestatter abgeholt - so kann der Geruch des Todes leicht von der Stube daheim ferngehalten werden. Und kommt es tatsächlich einmal vor, dass jemand in seinem gewohnten Zuhause stirbt, ermittelt u.U. sogar die Polizei, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

In welche Denkblase haben wir uns hier hineinbegeben im Bemühen, dem Tod auszuweichen und ihn möglichst schnell über die Bühne zu bringen? Warum tun wir uns so schwer mit dem Tod?

Das hat meiner Wahrnehmung nach mit der Bedeutung zu tun, die wir dem Tod verleihen. Unsere naturwissenschaftliche, alleinig dem Verstand gehorchende Sichtweise hat uns gelehrt, ausschließlich unseren fünf Sinnen zu folgen. Wir glauben das, was wir sehen, was wir messen und beweisen können. Und damit ist gesetzt, dass das, was den Menschen vor seinem Tod offen-sichtlich ausgemacht hat, mit seinem Ableben verschwindet. Er zerfällt in seine Bestandteile, ist tot. Aus und vorbei. Game over. Dieses Gedankengut der sicherlich seinerzeit mehr als überfälligen Aufklärung macht sogar vor der Religion nicht halt. Als ich vor einigen Jahren eine Gruppe von Priestern zum Thema Tod befragte, erhielt ich befremdliche, fast stammelnde Antworten, die offensichtlich davon zeugten, dass auch in diesen Kreisen der Tod ein wahrhaft heißes Eisen ist, das man besser nicht anpackt. Wenn ich auch selber der Konfrontation mit dem Tod nicht aus dem Wege gehe: Letzten Ende täte ich es am liebsten – und damit geht es mir wie dem Großteil unserer Bevölkerung.

Aber lass mich noch mal weiter ausholen. Das oben Beschriebene nimmt nämlich meiner Ansicht nach seinen Anfang in der schon in jungen Jahren beginnenden Überidentifikation mit dem Körper (und wahrscheinlich darüber hinaus bereits im kollektiven menschlichen Bewusstsein der Menschheitsgeschichte). ICH BIN MEIN KÖRPER. Ich bin das, was sichtbar ist. Diesen Körper nähren wir, pflegen und schmücken wir, trainieren wir, möchten wir so gesund wie möglich erhalten. Ewige Jugend - oder zumindest der Versuch - bis ins hohe Alter. Da tun wir uns mit Krankheit und Verfall oder gar Tod schon ganz schön schwer. Und weitergedacht: Es ist nicht nur unser Körper, mit dem wir uns identifizieren. Es sind darüber hinaus all jene Dinge, die uns zu dem gemacht haben, der wir heute sind und die wir nicht hergeben wollen, an die wir uns verzweifelt klammern, denn sie machen ja aus unserer Sicht das aus, was wir unser Leben nennen: unsere Familie und Freunde, unser Beruf, unsere Bildung, unsere Einstellungen, unser Besitz, unsere Hobbys, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wenn ich in dieser verengten Sichtweise dessen, wer und was ich bin, verharre, verwundert es nicht, dass Alter, Krankheit und schließlich der Tod nur als Bedrohung empfunden werden können. Denn in der Tat müssen wir all das hergeben. Ausnahmslos. In diesem Sinne sind wir tatsächlich tot. Es ist der Tod dessen, was wir unser Ego, unser kleines Selbst, wir und unsere kleine private Geschichte, nennen. (Höchst interessant und sehr lesenswert übrigens dazu die Thesen des Bewusstseinsforschers Thomas Metzinger in: Der Ego-Tunnel.)

Magst du die kommende Zeit mit mir gemeinsam dazu nutzen nachzudenken, wer und was wir über das oben Beschriebene hinaus sind? Und wenn wir mehr als das sind, ist es möglich, dass etwas von uns bleibt, das nicht dem Verfall preisgegeben wird? Der physische Tod ist und bleibt ein Mysterium. Sich diesem Geheimnis zu öffnen und das Tabu zu überwinden, kann enorme Fülle in unser Leben bringen und es bis in die Tiefe hinein bereichern.


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