Die Hütte (2)
Sonntag, 18. Juni 2023
Die Hütte ist für Autor William Paul Young DER symbolische Transformationsort schlechthin, wie er in zahlreichen, sehr persönlichen Interviews darlegt. Mit Gottes Hilfe führt er seinen Protagonisten Mack durch zahlreiche, bewegende Erlebnisse in eine tiefe, innere Heilung und Versöhnung.
Die Stunde des Richtens (Kap. 11): Mack hadert mit der Ungerechtigkeit der Welt und klagt Gott für sein augenscheinliches Nicht-Eingreifen an: Seine Tochter Missy wurde Opfer eines grausamen Verbrechens und Gott hat es nicht verhindert. Um ihm eine andere, größere Sicht auf die Dinge zu ermöglichen, bringt Jesus ihn mit der wunderschönen Sophia, der „Weisheit“ in Person, zusammen. Sie lässt ihn die Rolle des Richters auf dem Richterstuhl einnehmen, die Position, von der er bislang glaubte, Gott habe sie inne. Als Mack erklärt, als Richter völlig ungeeignet zu sein, konfrontiert Sophia ihn mit den vielen Urteilen, die er im Laufe seines Lebens schon über andere gefällt hat: Er habe über Handlungen und Motive vieler Menschen geurteilt, ohne die Hintergründe genau zu kennen; er habe auf Grund von Herkunft, Sprache und Körpergeruch geurteilt; er habe über den Zustand und die Geschichte zwischenmenschlicher Beziehungen geurteilt; er habe sogar den Wert von Menschen entsprechend seinen Vorstellungen von Schönheit beurteilt. Perfekt im Richten und Urteilen, solle er nun auf dem Richterstuhl über Gott und die Menschen, besonders über den Mörder seiner Tochter Missy, richten. Sei er nicht schuldig und verdiene er nicht die Hölle? Sei nicht auch dessen Vater, der den Charakter seines Sohnes so deformiert hat, schuldig? Zurückverfolgt bis Adam, gelte dies nicht auch für Gott, der doch alles in Gang gesetzt habe? Wut und Verzweiflung übermannen Mack, als er alle schuldig spricht, auch Gott. Sophia geht noch einen Schritt weiter. Sie fordert Mack auf, zwei seiner fünf Kinder auszuwählen, die die Ewigkeit bei Gott verbringen dürfen, während die anderen drei ausgeschlossen bleiben. Mit dieser grausamen Aufgabe konfrontiert und überfordert, erkennt Mack die bedingungslose Liebe zu seinen Kindern in sich, auch wenn sie ihm Probleme bereiten und sein Leben schwermachen. Um wie viel vollkommener liebt Gott jedes seiner Kinder, auch wenn sie ... Und doch verhindere er das Unheil in der Welt nicht, klagt Mack weiterhin Gott an. Gott, erklärt Sophia, respektiere die selbst gewählte Unabhängigkeit des Menschen, die sie aus der paradiesischen Einheit mit Gott geworfen habe, auch wenn er selbst den daraus resultierenden Zustand der Welt zutiefst betrauere (ich komme noch auf dieses Thema zurück).
Als Mack sein Herz allmählich für Sophias Weisheiten öffnet, wird ihm ein wunderbares Erlebnis zuteil: Er darf Missy sehen. Dies ist der erste Schritt zur Heilung seines verwundeten Herzens.
Über das Wasser gehen (Kap. 10): Jesus möchte Mack beibringen, über das Wasser zu gehen, also etwas offensichtlich Unmögliches zu tun. Mack hat natürlich Angst, weil er sich vorstellt, was alles passieren kann. Genau, bestätigt Jesus, du stellst dir etwas vor. Und deine Vorstellungskraft ist mächtig! Sie macht dich uns (Papa, Sarayu und ihm) so ähnlich. Aber ohne die nötige Weisheit ist sie grausam und destruktiv und verhindert ein Leben in Gottvertrauen und Freude. Mack könne ihn, Jesus, nur in der Gegenwart erleben, garantiert nicht in der Zukunft, die ja nur vorgestellt sei, und ebenso wenig bei gedanklichen Ausflügen in die Vergangenheit, auch wenn es bisweilen hilfreich sei, aus ihr zu lernen. Sorgen um die Zukunft, erklärt Jesus weiter, seien ein verzweifelter Versuch, etwas zu kontrollieren, über das Mack keine Kontrolle habe.
Ganz in der Gegenwart und im Vertrauen gelingt Mack schließlich Schulter an Schulter mit Jesus das Unmögliche: Er geht mit ihm gemeinsam über das Wasser.
Ein sorgenvoller Morgen (Kap. 16): Papa, jetzt als Mann dargestellt, und Mack machen sich auf den Weg, die Leiche von Missy „nach Hause“ zu bringen. Es ist ein beschwerlicher Weg, körperlich wie seelisch, denn Mack steht vor der großen Herausforderung, dem Mörder seiner Tochter zu vergeben. Papa erklärt: Vergebung ist in erster Linie heilend für den, der vergibt. Denn du befreist dich von etwas, das dich sonst bei lebendigem Leib auffrisst. Mack steckt immer noch fest; er hadert mit dem, was Papa von ihm verlangt. Was dieser Mann getan hat, ist entsetzlich. Er hat vielen Menschen unglaubliches Leid zugefügt, fährt Papa fort. Erst wenn es Mack gelänge, seine Hände von seiner Kehle zu nehmen, könne er seinen Frieden finden. Unter Tränen setzt Macks Vergebungsprozess ein. Er übergibt all seine Wut und seinen Hass Papa zur Verwandlung – und befreit sich damit schließlich selbst. Missy kann nun ihre letzte Ruhestätte im wunderschönen Garten Gottes finden.
Die Erde ist randvoll mit Himmel,
Und in jedem gewöhnlichen Dornbusch brennt Gott,
Aber nur jene, die sehen können, ziehen ihre Schuhe aus;
Die anderen sitzen herum und pflücken Brombeeren.
(Elisabeth Barrett Browning)
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