Meisterin-Eckhardt-Logo Meisterin-Eckhardt-Logo

Fürchte dich nicht

Sonntag, 11. Dezember 2022


Die Angst ist uns evolutionär eingebrannt. Wären wir nicht beständig auf der Hut vor dem Säbelzahntiger gewesen, gäbe es uns als Gattung Mensch heute wahrscheinlich nicht. Und doch scheint sie heute in der westlichen Welt überbordend; gelassene, in sich ruhende Menschen findet man eher selten. Noch in diesen Tagen wurde ich mit drei Fällen junger Erwachsener mit starker Angstsymptomatik konfrontiert. Anlass genug, sich mit dem Thema zu befassen.

Der Engel Gabriel begrüßt Maria in der Verkündigungsszene mit den Worten „Fürchte dich nicht!“ (Lk 1,30). Nicht zufällig, denn dieser Appell ist tatsächlich mehr als 300-mal in der Bibel zu finden. Angst also als Phänomen, das sich durch die Menschheitsgeschichte zieht bis in unsere Tage, noch einmal verstärkt durch Corona und seine Folgen und durch den nahen Krieg in der Ukraine. Die Arztpraxen und Beratungsstellen können den Ansturm kaum bewältigen: Angst, nicht geliebt zu sein; Angst, nichts wert zu sein; Angst, verlassen zu werden; Angst, den Job zu verlieren; Angst vor Krieg; Angst, die Rechnungen nicht bezahlen zu können; Angst, die Kontrolle zu verlieren; Angst vor Krankheit; schließlich Angst vor dem Tod – um nur einige Facetten des Angstphänomens zu nennen.

Schon vor mehr als 20 Jahren beschrieben Rohr/Ebert in ihrer Version des Enneagramms die Deutschen als Volk der Angst und ordneten sie dem Typ Sechs zu: „Die Welt ist gefährlich, man muss auf der Hut sein“, weswegen Sechser bestrebt sind, sich Sicherheit im Außen zu suchen: in Systemen, in Zugehörigkeit zu Gruppen (Parteien, Vereine, Facebook-Gruppen…) und Religionsgemeinschaften, aber auch im materiellen Besitz und im Status. Auch die katholische Kirche hat tragischerweise mehr Angst geschürt als bedingungslose Liebe verkündet, was zur Folge hatte, dass Generationen von Menschen eher Angst vor Gott in sich trugen, als sich in ihn zu verlieben. Auch ich gehörte dazu. Noch heute zeugt nicht nur der Kath. Katechismus davon, dass Rom nicht bereit ist, die grundlegende Lehre zu ändern. Immer wieder geht es um Machtdemonstration und darum, wer – weil kirchenkonform - zum Inner Circle dazugehören darf und wer nicht. Diesem völlig unjesuanischen Verhalten stehen GOTT SEI DANK unendlich viele hingebungsvolle Dienerinnen und Diener am Menschen gegenüber, die sich dem Geist Jesu verschrieben haben und sich in ihrer Herzensintention weder unterdrücken noch beirren lassen. Danke euch allen für eure Hingabe, euer Vertrauen, eure Liebe und euren Mut an der Basis!

Die Spiritualität kennt im Grunde nur zwei Grundkonstitutionen menschlicher Befindlichkeit: Angst versus Liebe/Vertrauen. Entweder du lebst mehr oder weniger in beständiger (durchaus auch verborgener) Angst oder aber in der Liebe, im Vertrauen. Wie nun vom Zustand der Angst ins Vertrauen gelangen? Eins ist sicher: Es ist eine Illusion, von der vergänglichen Ego-Welt Sicherheit zu erwarten, was auch immer sie als Verlockung anbietet. Alles Bemühen um Kontrolle, Ablenkung, Betäubung, Verdrängung ist Aufschub, aber nicht Lösung. Letztere liegt tief in unserem Inneren, im wahren Selbst, das einzig unvergänglich und damit sicher ist. „Fürchte dich nicht“, so die leise Aufforderung des Engels, dich auf diesen göttlichen Raum, die göttliche Präsenz einzulassen. Hier ist der Ort, an dem du deine Angst annehmen und umarmen kannst. Genau hier ist der Ort der Transformation hin zur bedingungslosen Liebe.

Das Angstphänomen ist so umfassend, dass es unser aller Leben immer wieder – bewusst oder unbewusst – berührt. So werde ich es auch immer wieder aufgreifen und von je anderen Seiten beleuchten. Wenn du bereit bist, dich deinen Ängsten zu stellen, dann nimm dir täglich ausreichend Zeit dafür und zieh ggf. auch einen Experten hinzu. Gut Ding will Weile haben – bedenke, wie viele Jahre, ja Jahrzehnte du überkommene Denk- und Verhaltensmuster bedient hast.

Es gibt viel Literatur zu diesem Thema. Im Moment arbeite ich mit Deepak Chopras Werk „Vollkommene Meditation“. Geführte Meditationen z.B. von Peter Beer („Angst und Unruhe lösen“) oder Robert Betz („Frei werden von Angst“), die ich selber nutze, findest du kostenfrei auf Youtube.

Wenn du persönliche Fragen hast, die du nicht veröffentlicht wissen willst, schreib mir einfach unter Angabe deiner Mailadresse.


Schreib einen Kommentar!


Kommentare...

...von Pit am 12.12.2022:

Liebe Susanne,
Angst ist ein evolutionäres Phänomen, das nicht der menschlichen Art vorbehalten ist. In Situationen, in denen es um Leben und Tod geht, wird automatisch Adrenalin ausgeschüttet, das unseren Körper bekanntlich auf Angriff oder Flucht vorbereitet. Kann das Adrenalin aber nicht in kurzer Zeit, weil Angriff oder Flucht erfolgt sind, wieder abgebaut werden, kommt es zu dauerndem Stress und damit zu diversen körperlichen Erkrankungen wie z.B. Bluthochdruck oder Schlafstörungen. Kann man sicherlich bei Dahlke/Dethlefsen alles nachlesen.
Vermutlich durch unbewusste Konditionierungen hat sich der westliche Mensch eine Vielzahl von Ängsten geschaffen, die mit dem ursprünglich evolutionär geplanten Sinn, das Überleben zu sichern, nun rein garnichts mehr zu tun haben. Du hast diese Art von Ängsten ja aufgezählt.
Es ist schwer, diesen Ängsten beizukommen, denn die Reaktion erfolgt automatisch in einem der entwicklungsgeschichtlich ältesten Teile des Gehirns, welchem durch Bewusstmachung nur schwer beizukommen ist. In ähnlicher Weise ist es uns nahezu unmöglich unseren Herzschlag bewusst zu steuern.
Bewusstwerdung ist sicher ein entscheidender Teil, um sich seinen Ängsten zu stellen. Bei den meisten Angstreaktionen geht es ja in der westlichen Welt definitiv nicht um Leben und Tod. Aber ich würde Chopra, Dispenza und anderen beipflichten, wenn sie auf die Meditation als geeignetem Lösungsansatz zur Bewältigung unserer Ängste setzen.


Antwort von Susanne:

Danke, Pit, für deinen ausführlichen Kommentar. Es ist sicherlich noch einmal mehr als interessant, einen Blick auf den Dauermodus „Stress“ und seine gesundheitlichen Folgen für uns Menschen zu werfen!


Zum aktuellen Blog zurück