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Nahtoderfahrungen (2)

Sonntag, 12. März 2023


Wir sind auf der Suche nach etwas, das uns „ausmacht“ und größer ist als unser sichtbarer Körper, nach etwas, das den physischen Tod überdauert. Der letzte Blog über Nahtoderfahrungen (NTE) hat uns einen flüchtigen Blick auf die andere Seite, auf das, was wir Jenseits nennen, gewährt.
Gesetzt den Fall, unser Bewusstsein ist eine von Gehirn und Körper unabhängige Instanz, unsere Seele, das große SELBST, dann sind NTE keine Halluzinationen eines erlöschenden Gehirns, sondern eigenständige Erfahrungen eben dieses Bewusstseins, dieser Seele, und zwar außerhalb der Körperhülle.

So schildern Nahtoderfahrene, dass sie sich über ihrem Körper schwebend beobachtet haben. Mit dem klinischen Tod löst sich dieser Beobachtung zufolge die Seele, das Bewusstsein vom Körper und ist in der Lage, diesen außerhalb von sich zu sehen. Damit einher gehen den Berichten zufolge die Aufhebung von Zeit und Raum: Die Beobachter können im Bruchteil einer Sekunde dort sein, wo sie zu sein gedenken, und zudem an vielen Orten gleichzeitig. Sie sind in der Lage, nicht nur die Stimmen der Menschen um sie herum zu hören, sondern jeden ihrer Gedanken wahrzunehmen, während die Kommunikation in die andere Richtung nicht funktioniert. Dazu kommt mir spontan in den Sinn: Kein Raum, keine Zeit – ewiges Sein im Jetzt. So ist der Gottesname Mose am brennenden Dornbusch übermittelt worden: JAHWE = „Ich-bin-der-Ich-bin“ (Ex 3,14).

Als ich noch einmal genauer bezüglich des ablaufenden Lebensfilms nachlas, musste ich tatsächlich an das mir von meiner Kirche in jungen Jahren gepredigte Fegefeuer als Ort der Läuterung denken. Ist vielleicht doch etwas an dieser Geschichte dran? Nahtoderfahrene berichten dazu, der Lebensfilm habe sie mit allen möglichen und unmöglichen Situationen ihres Lebens konfrontiert, und zwar aus der Perspektive aller am Geschehen Beteiligten. Es wurde ihnen jeweils schlagartig schmerzhaft bewusst, was sie in anderen durch liebloses Verhalten oder gemeine Gedanken an Schmerz angerichtet hatten: „Ich war die Menschen, die ich gekränkt habe, aber gleichzeitig auch jene, die sich durch mich gut gefühlt haben.“ Wow. Sind wir vielleicht alle Seelenanteile der einen großen Seele, des einen großen Bewusstseins, das wir Gott nennen? Übertragen auf unsere irdische duale Welt: Was du dem anderen (an)tust, das tust du dir letztlich selber (an) – nur merken wir es in unserer Vorstellung des Getrenntseins von DU und ICH nicht. Ich glaube, genau das meinte Jesus, als er sagte: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir (und euch) getan!“ (Mt 25,40). Die Goldene Regel fasst diesen Gedanken der spirituellen Einheit von DU und ICH treffend zusammen: „Behandle andere so, wie du selber behandelt werden willst“ (Mt 7,12).

Sehr spannend auch die Erklärung des Physikers Markolf Niemz zur von Nahtoderfahrenen beschriebenen Tunnelerfahrung. Beim Eintauchen in das, was wir Ewigkeit nennen, lösen wir uns aus Raum und Zeit. Er postuliert: „Es ist denkbar, dass ein Teil von uns – vielleicht die Seele – beim Sterben bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt wird und beim Tod ins Licht eintaucht.“ Die Physik sage bei einer solchen Beschleunigung eine Tunnelerfahrung voraus (Scheinwerfer-Effekt), erklärt er. Auch hier sehe ich wieder eine Verbindung zur Ewigkeit, zur Zeitlosigkeit. Aus der Einstein‘schen Relativitätstheorie wissen wir, dass die Zeit von der Geschwindigkeit, mit der wir uns bewegen, abhängig ist. Ein sich theoretisch mit Lichtgeschwindigkeit in einem vorgestellten Raumschiff bewegender Mensch altert nicht. Für ihn vergeht keine Zeit. Es gilt der ewige Jetzt-Moment. Erklärt die Physik hier einen Sachverhalt, den spirituelle Weisheiten von jeher wussten?

Begegnungen mit Verstorbenen oder anderen Wesen werden von den Betroffenen als persönlich und gleichzeitig als nicht körperlich beschrieben. Die Verstorbenen geben sich durch ihre Liebe und ihre Weisheit zu erkennen, nicht durch einen sichtbaren Leib. Es gilt offensichtlich eine andere Art der Wahrnehmung und der Kommunikation als durch die der fünf Sinne. Ist es vielleicht das, was man die feinstoffliche Ebene nennen kann?

Im Licht angekommen, empfinden Nahtoderfahrene allerhöchste Glückseligkeit. Sie fühlen sich eingehüllt von Liebe und Weisheit und wollen in diesem Zustand verbleiben, d.h. sie wollen nicht zurück in ihren Körper. Obwohl sie aussagen, nicht einer Person gegenüber gestanden zu haben, wird immer wieder der Ausdruck „Lichtwesen“ verwendet, das zu ihnen „spricht“. Dabei ist es nicht das Sprechen, das wir kennen, sondern eine Art sekundenschneller Gedankenübertragung, bei der Worte nicht notwendig sind. Sie werden „gefragt“, wie sie ihr vergangenes Leben im Licht der jetzt erfahrenen unendlichen Liebe und Glückseligkeit sehen. Dabei, so berichten sie, haben sie sich in Wohlwollen und Güte angenommen gefühlt und konnten auf dieser Basis liebevolle und weniger liebevolle Aspekte ihres Lebens wahrnehmen.
Es wird mir immer klarer, warum Jesus Gott seinen Vater (und seine Mutter) nennt, dem (der) es nicht ums Richten, sondern um liebevolle Annahme und unendliche Güte geht und in diesem Licht unendlicher Liebe um unser Erkennen, worauf es im irdischen Leben wirklich ankommt: in Liebe zu denken, zu fühlen und zu handeln („Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ Mt 22,39).
Wie verhält es sich in diesem Zusammenhang mit dem sog. Jüngsten Gericht? Meiner Wahrnehmung nach ist der Gedanke des „Gerichts“ dem menschlichen Geist entsprungen. Unsere irdische Gerichtsbarkeit wurde auf das Jenseits projiziert wie viele der Gottesbilder im Alten Testament überhaupt. Im Gleichnis vom barmherzigen Vater korrigiert Jesus diese Bilder und führt uns liebevoll zu sich nach Hause.

Wie auch immer du dich für dieses Thema mit durchaus befremdlichen neuen Gedankengängen öffnen kannst und willst: Sterben ist eine zutiefst spirituelle Erfahrung. Ja, sie ist vielleicht sogar der Höhepunkt des irdischen Seins und verdient absolut keine Abschiebung in die Besenkammer. Wer keine Angst vor dem Leben hat, muss auch keine vor dem Sterben haben, heißt es. Denn beide sind die zwei Seiten ein und derselben Medaille.


Lies hier den dritten Teil meines Blogs zu den Nahtoderfahrungen.


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