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Leserbrief zum Synodalen Weg

Sonntag, 23. April 2023


Die Idee der beiden Container nach Richard Rohr im Hinterkopf, habe ich folgenden Leserbrief für den Kölner Stadtanzeiger verfasst:

Ich frage mich seit geraumer Zeit, warum mich der Synodale Weg mit all seinen Aspekten so wenig anspricht, beinhaltet er doch viele große Reformvorhaben, für die ich mich gefühlt mein Leben lang starkgemacht habe.
Die Kirche krankt m.E. daran, dass sie ihr Innerstes, ihren Kern nicht erkennt und vielleicht – wenn man sich die Geschichte der Kirche anschaut – bis auf einige Highlights nie wirklich erkannt hat. Heute wie ehedem stellt sie in der Strukturdebatte des sicherlich gut gemeinten Synodalen Weges wieder einmal die Form über den Inhalt und wundert sich, dass die Kirchenaustritte nicht weniger werden. Es mag verschiedene Gründe geben, warum Menschen die Kirche verlassen. Neben den augenscheinlichen bin ich mir sicher, dass die Menschen unterschwellig spüren, dass das Herz der Kirche nicht primär für sie schlägt, sondern dass es nach wie vor darum geht, den Apparat am Laufen zu halten. Ich werde nicht müde hinzuweisen, wie sich der Jude Jesus von Nazareth gegen seine eigene Religion gestellt hat, wenn diese wieder einmal im Begriff war, den Kardinalfehler (im wahrsten Sinne des Wortes) zu begehen: irgendein Gesetz, eine Regel über das Wohl des Menschen zu stellen. Was soll ich von einer Kirche halten, die ihrem Religionsgründer im Kern nicht zu folgen vermag? Welchen Sinn hat eine äußere Form, wenn die Essenz, auf die sie verweisen soll, nicht erkannt wird? Würde eben diese Essenz, die Liebe zu Gott, zum Menschen, zur Schöpfung und zu sich selbst, im Herzen der Kirche erkannt, verstanden und gelebt, wäre eine Debatte wie die heute geführte vollkommen überflüssig. Denn handelte die Kirche aus dieser Liebe heraus, würde sie sich aus ganzem Herzen und mit vollster Kraft der Fürsorge und dem Wohlergehen aller sowie der gesamten Schöpfung widmen und nicht einer kräftezehrenden Machtstrukturdebatte; Frauen wären natürlicherweise und gerade in ihren weiblichen Eigenschaften als Priesterinnen gefragt; liebevolle Partnerschaften jedwelcher Couleur wären nicht nur geduldet, sondern geradezu ein Ideal, da man in ihnen die Anwesenheit Gottes erkennen würde und nicht einen Verstoß gegen irgendein Kirchengesetz. Communio mit Gott, und das hat uns Jesus vorgelebt, ereignet sich in jeder Sekunde unseres Lebens – oder sie ereignet sich überhaupt nicht. In diesem Sinne frage ich mich ernsthaft, ob Konfessionen in ihrem trennenden, Überlegenheit vortäuschenden Charakter noch in das nach Integration, Toleranz und Liebe strebende Bewusstsein unserer Zeit passen.

Der Kirche fehlt die Essenz – in Rohrs Worten: Sie befindet sich eindeutig im ersten Container, der sich mit den sicherlich nicht unwichtigen äußerlichen Strukturen (Machtmissbrauch, Zölibat, Frauenordination, Akzeptanz queerer Beziehungen u.v.m.) befasst, ohne jedoch in die Tiefe ihres eigentlichen Wesens (des zweiten Containers) vorzudringen. Beispielhaft ist dies am Verhalten unzähliger Geistlicher abzulesen, die - den goldenen Schein einer Pseudo-Unfehlbarkeit wahrend - zunächst Missbrauch begangen und ihn schließlich in großer Anzahl vertuscht haben. Welche Chance eines fundamentalen Befreiungsschlags von einer Pseudomoral hin zur Botschaft der Liebe, zum Überwechseln in den zweiten Container einer tiefen inneren Reife und wahrhaftigen Würde wurde an dieser Stelle verpasst? Auch hier zeigt sich wieder die Macht alter Denkstrukturen und der Wunsch, den (Heiligen-)Schein zu wahren...

Genug mit dem Finger gezeigt;-) Vielleicht erinnerst du dich an diverse Blogs zum Thema Projektion und Schattenarbeit, in denen ich darauf aufmerksam gemacht habe, dass immer dann „Schatten“ im Spiel ist, wenn wir mit dem Finger auf andere zeigen und uns über irgendetwas im Außen aufregen. Ohne jetzt eine Situation im Beichtstuhl simulieren zu wollen, kann ich freimütig sagen, dass auch ich stets ein Bild von mir im Kopf hatte und dieses aufrecht erhalten wollte und teils immer noch will; dass meine Denkmuster oft genug die Qualität des ersten Containers haben; dass auch ich häufig in Äußerlichkeiten stecken bleibe zu Lasten der Liebe in meinem Herzen. Dennoch: Meine Achtsamkeit wächst und so beobachte ich mich zunehmend aufmerksamer und wachsamer. Nicht immer, aber immer öfter erinnere ich mich – wenn ich mal wieder „auf dem Baum sitze“ – an die mächtige, transformierende Kraft des Heiligen Geistes. Ich darf ihn zu jeder Zeit anrufen. Und das tue ich. Und an den Auswirkungen erkenne ich, dass er mich erhört.

Und du? In welchem Container befindest du dich? Bist du bereit, dich mit diesen und ähnlichen Fragen zu konfrontieren?


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