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Jesus und die Kunst zu leben

Sonntag, 27. August 2023


Ende Juli wurde in der ev. Kulturkirche St. Egidien in Nürnberg die Ausstellung „Jesus liebt“ des Künstlers Rosa von Praunheim eröffnet; der Künstler beabsichtigte, auf den Umgang des Christentums mit Liebe, Sex und Homosexualität hinzuweisen. Nach heftiger Kritik an queerer Kunst in Kirchenräumen wurde die Ausstellung in die Kreis-Galerie verlagert.

Es steht mir nicht zu, zu beurteilen, ob und wie sich Menschen durch die Ausstellung in ihrem religiösen Empfinden getroffen fühlen. Offensichtlich ist jedoch, dass Sexualität nach wie vor ein dickes Tabuthema in Kirche ist, das allzu gerne in den Schattenbereich gedrängt wird und von dort die Betroffenen einholt (ganz aktuell im Porno-Skandal der kath. Kirche abzulesen - die hermetischen Gesetze lassen lehrbuchmäßig schön grüßen).

Welches Bild zeichnen die christlichen Konfessionen von Jesus? Haben sie Jesus als Sohn Gottes auf einen moralischen Sockel gestellt, der ihn über alles erhebt, was das Leben so mit sich bringt, es immer auch ausmacht? Der ihn uns letztendlich dadurch massiv entfremdet?
Ich habe heute ein ganz anderes Bild von diesem Jesus von Nazareth. Er steht NICHT ÜBER den Dingen des Lebens, sondern MITTENDRIN, und zwar aus vollstem Herzen liebend. Die Evangelisten bezeugen einmütig, dass er in seiner Liebe niemanden ausschließt, er sich im Gegenteil den Randgruppen der Gesellschaft in besonderer Weise zuwendet. Unnötig zu betonen, welche Einstellung er zu obiger Thematik haben würde, oder? Ich merke gerade, wie ich mich wieder aufrege, dass weite Teile der Kirchen Jesus so wenig verstehen (wollen). Tief durchatmen, Susanne. (Na, bei so viel Aufregung ist es jetzt wohl an mir, mal wieder meinen eigenen Schattensack zu inspizieren.😉)
Wie gut, dass es noch den anderen Teil gibt! Theologe und Pfarrer Werner Tiki Küstenmacher zum Beispiel. Sein Buch JesusLuxus. Die Kunst wahrhaft verschwenderischen Lebens zeichnet ein erfrischend lebendiges Bild von Jesus als einem Menschen, der die Kunst des Lebens beherrschte. Und zwar aus der Fülle heraus, ohne jedes Tabu. Frei, lebendig, mutig und vertrauensvoll folgt er seiner inneren Stimme und nimmt seine Berufung an. Und immer stellt er die Liebe über das Gesetz. Ausnahmslos. Die Liebe IST sein Gesetz, und zwar sein einziges. Und in der Umsetzung dieser Liebe wendet er – wie beiläufig, quasi aus dem Bauch heraus – hermetische Weisheiten (Blogs vom 13.08.23 und vom 20.08.23) an. Da stoße ich z.B. auf die Antithesen der Bergpredigt (Mt 5,21ff), die uns darauf aufmerksam machen, dass einer Tat stets der vorbereitende Gedanke vorausgeht; die Goldene Regel (Mt 7,12) formuliert ganz klar, dass wir genau das empfangen, was wir gegeben haben; in Mk 11,24 spricht Jesus von der Macht des Glaubens, die uns in die Frequenz der Fülle bringt; er lehrt uns, das Gute im Menschen zu fokussieren und unsere Beziehungen dadurch zu heilen; in wunderbaren Gleichnissen und Analogien bringt er uns das Unerklärliche nahe und macht uns Mut, ein Teil davon zu sein. Es macht ihn zum Christus, dass er die Einheit mit dem Göttlichen nicht nur predigt, sondern LEBT. Und er steht de facto alles andere als auf einem moralisch erhöhten Sockel, wenn er uns genau das auch zutraut! Jetzt, in diesem Moment - wenn wir uns dafür entscheiden.

Ich bleibe weiter auf der Suche nach diesem Jesus, der die Kunst zu leben beherrschte wie kaum ein anderer. Und während ich dies schreibe, spüre ich in mir die Freude und die Freiheit, die damit einhergehen. Ich möchte mehr davon.

Vielleicht sind die Kirchen ja irgendwann bereit, überkommene Denkstrukturen zu überwinden und ihre Schattenthemen ehrlich zu bearbeiten. In der Fülle lebt es sich so viel besser. Das wäre mal eine Frohe Botschaft!


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