Rohrs Container
Sonntag, 17. März 2024
Richard Rohr, spiritueller Franziskanermönch, beschreibt den Prozess der Metamorphose mit Hilfe seiner „Container“-Idee.
Der erste Container auf unserem Lebensweg umfasst den Weg nach außen in die Fremde. Wir sind vollauf damit beschäftigt, uns in dem einzurichten, was wir klassischerweise in der westlichen Welt unser Leben nennen: Schule, Ausbildung, Studium, Karriere, Partnerschaft, Familie, Nestbau, Hobbys, Besitz und identifizieren uns mehr oder weniger mit all diesen Dingen, die die Spiritualität das kleine Selbst oder auch unsere Ego-Identität nennt.
Warum das „kleine“ Selbst? Weil das kleine Selbst brüchig ist, äußerst brüchig. Wir erleben diese Brüchigkeit in den Krisen, den Stolpersteinen unseres Lebens: in Krankheit und Unfällen, in Trennungen, in Arbeitslosigkeit, in Ausgrenzungen, Misslingen und Verlusten aller Art. Und je stärker die Identifikation mit unserem kleinen Selbst ist, umso tiefer fallen wir ins Loch und empfinden die erlebte Krise als verschlingend, als zerstörend. Da bleibt nicht mehr viel von uns übrig.
Jetzt ist die Chance der Schmetterlingsverpuppung gekommen. Entweder wir gehen vollends unter oder wir nutzen die Krise als Möglichkeit, unser Leben zu verändern. Falling upward nennt Richard Rohr diesen Prozess. Außenstehende mögen das, was da passiert, als Niederlage wahrnehmen und beschreiben; so sind wir erzogen und so tickt unsere Gesellschaft. Der erwachte Mensch jedoch erkennt darin die Chance, das Muster seines oberflächlichen, brüchigen Lebens aufzubrechen und sich auf den sicheren Weg nach innen, nach Hause zu machen. Dieses Zuhause nennt Rohr den zweiten Container; es ist der Ort der Achtsamkeit und Bewusstwerdung, der uns dauerhaften Frieden und Gelassenheit beschert – egal welche Krisen uns im Außen schütteln. Er führt uns zu unserem „großen“ SELBST, das auf ewig unzerstörbar und im Frieden ist.
Es hat immer Menschen gegeben, die eine spontane Erleuchtung erlebt haben. Für die meisten von uns hat dieser Weg jedoch eher Prozesscharakter. Wer sich und sein Leben regelmäßig und achtsam reflektiert, kommt nicht umhin, die Brüchigkeit unserer sichtbaren Welt wahrzunehmen und sich ihr entweder zu ergeben – oder aber die Ereignisse seines Lebens mit neuem, wachem Blick wahrzunehmen: im wahrsten Sinn des Wortes nach oben zu fallen und sich so als das wahre SELBST wiederzuerkennen.
Grafisch kannst du dir diesen Prozess in etwa so vorstellen wie in dem Bild rechts.
In welchem Container wähnst du dich? Wie geht es dir an diesem Ort? Bist du im Frieden oder verspürst du den Wunsch nach Veränderung?
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