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Die Vertreibung aus dem Paradies

Sonntag, 23. Juni 2024


Immer schon wollte ich euch eine weitere Deutung zur biblischen Erzählung von der Vertreibung aus dem Paradies (der Einheit) an die Hand geben – wohlwissend, dass alle Interpretationen Versuche sind, etwas zu beschreiben, was letztendlich kaum zu beschreiben ist. (Im Blog Gespräche mit Gott (2) kannst du einen der klassischen Erklärungsversuche zu Genesis 2,16f nachlesen.)

Paradies und Himmel sind im Grunde synonym zu verwenden. Sie stehen für das absolute Einheitsbewusstsein mit dem Göttlichen, für einen geistigen Bewusstseinszustand unendlicher Liebe.
Da in der göttlichen Dimension Raum und Zeit nicht existieren (alles geschieht hier und jetzt), ist das Paradies nicht als ferner Ort zu begreifen, an welchem zu einem Ur-Punkt x in der linearen Geschichte der Menschheit ein Ereignis stattfand, sondern … Lass mich versuchen, es zu erklären.

Ausgangspunkt ist die absolute Einheit in und mit dem Göttlichen (= das Paradies). Dieser non-duale Zustand macht Erkennen unmöglich - eben auf Grund der Einheit. In ihr gibt es keine Unterschiede, keine „Besonderheit“ welcher Art auch immer.
Wie ist aus der EINheit die ZWEIheit (die Zwiegespaltenheit) – metaphorisch beschrieben als „Vertreibung aus dem Paradies“ – hervorgegangen? Vielleicht wollte Gott sich erkennen, sich erfahren, was innerhalb der Einheit nicht möglich war; vielleicht gab es aber auch - wie der Kurs in Wundern beschreibt - diese tiny mad idea (Textbuch Kap. 27/VIII/6), diese kleine wahnwitzige Idee der Abspaltung des Geistes von der Quelle (vergleichbar mit einem Menschen, der von zu Hause ausbricht, um sein eigenes Ding zu machen; vgl. Lk 15,11-32) mit dem fatalen Ausgang, dass diese zunächst einfach nur verrückte Idee immer mehr in das Gewahrsein der Schöpfung gelangte und schließlich zur sichtbaren Wirklichkeit wurde. (Bereits 1944 überraschte der Physiker und Nobelpreisträger Max Planck die naturwissenschaftliche Welt mit der Idee, dass alle Materie ihren Ursprung als verdichtete Energie im Geistigen hat; siehe Blog Geist und Materie.) Tatsächlich könnte ich mir auf diese Weise letztendlich sogar den Impuls vorstellen, der zum Urknall, dem Beginn des Universums in Raum und Zeit, führte. Schon verrückt (ver-rückt in Bezug auf die übliche Denke), oder?

Einen kaum greifbaren Sachverhalt theoretisch beschreiben zu wollen – und vielleicht auch damit zu scheitern – ist eins, ihn zu erfahren ein anderes. Die Vertreibung aus dem Paradies ist in unser aller Leben definitiv jeden Tag ERFAHRBAR als: Ich und du; das gehört mir und das gehört dir; ich bin stark und du bist schwach; ich bin gut und du bist schlecht; ich habe recht und du hast nicht recht; ich bin für und du bist gegen; meine politische Einstellung gegen deine; mein Land gegen dein Land; meine Religion gegen deine usw. Der Zustand der ZWEIHEIT ist zum fundamentalen Prinzip unserer dualen Welt und damit zum Motor der Evolution geworden. Er hat uns Menschen an die Spitze der Schöpfung gebracht – und fliegt uns jetzt ganz schön um die Ohren, im Kleinen wie im Großen. Er äußert sich in immerwährenden Sorgen und Ängsten, im Grübeln, im Rechthaben-Wollen, im Vergleichen, im Urteilen, in Konflikten und Streit bis hin zu Kriegen, in fehlender Balance aller Art, die sich z.B. in Krankheiten niederschlägt. Er lässt uns nicht zur Ruhe kommen, macht uns zu Getriebenen von vergänglichen Ideen unserer dualen Welt, wie z.B. Konsum, Erfolg, Wissen, Macht und Reichtum, für die wir unseren Seelenfrieden, unser Paradies, verkaufen – und das, ohne es zu merken.

Dabei ist der göttliche Frieden, das Paradies, immer noch in jedem Augenblick greif- und erfahrbar, und zwar wenn wir uns dessen bewusst werden, wenn wir aufwachen und uns an unsere göttliche Herkunft erinnern – und die Idee der Trennung von Gott, also metaphorisch der „Vertreibung aus dem Paradies“, einfach beiseitelegen als die oben beschriebene tiny mad idea.

Das ist genau das, was Jesus mit „Umkehr“ (Mt 4,17) meinte: eine völlige Umkehrung unserer bisherigen trennenden und spaltenden Denkweise in die einende göttliche Liebe für alle und alles hinein.


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