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Einsamkeit?

Sonntag, 09. Juni 2024


Kürzlich stellte Bundesfamilienministerin Lisa Paus eine Langzeitstudie zur Einsamkeit von Menschen in unserem Land vor: Millionen Deutsche geben an, sich einsam zu fühlen; während der Pandemie habe dieses Gefühl stark zugenommen, so Paus. Die Eckdaten sind leicht nachzulesen, um sie geht es mir an dieser Stelle nicht. Vielmehr sehe ich einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Gefühl der Einsamkeit (das im Übrigen häufig mit dem der Angst einhergeht) und einer mangelnden Verbindung zu unserem höheren oder großen SELBST. Dass Menschen mit Gottvertrauen eine deutlich solidere, resilientere Lebensgrundlage ihr eigen nennen als solche ohne, galt für mich bis dato stets als Allgemeingut. Erstaunlich ist, dass die Studie einen solchen Zusammenhang nicht herstellt.

Mit der aufkommenden Säkularisierung der Welt (ab der ORANGEN Bewusstseinsstufe nach Ken Wilber) verringerte sich zunehmend die Anbindung des Menschen an ein Höheres, das ihn übersteigt (lat. religio: Rückbindung an); stattdessen rückte er sich selbst ins Zentrum seiner Welt getreu dem Motto: Jeder ist seines Glückes Schmied. Obwohl ausgebildete Religionslehrerin und daher von Hause aus „der Sache Gottes“ verpflichtet, kenne ich dieses ORANGE Unabhängigkeitsdenken sehr wohl. Es hielt bei mir Einzug im religionskritischen Denken (z.B. Feuerbachs, Marx’ oder Nietzsches) während meines Studiums und verdichtete sich im Laufe der Zeit angesichts allzu starrer Kirchendogmen (der BLAUEN Bewusstseinsstufe) anstelle von ernsthaftem Interesse an der eigentlichen Botschaft Jesu (von Stufe GELB aufwärts; vgl. auch Jesus und die Kunst zu leben). Die fehlende Authentizität der Amtskirche in Sachen Missbrauch tat ihr Übriges.

An diesem Scheidepunkt gibt es aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten: Sich nicht nur von der Kirche, sondern mit ihr von Gott abzuwenden, wie es ganz offensichtlich weite Teile der Gesellschaft tun und damit ihre Anbindung an ihr höheres SELBST aufgeben – oder aber die Verbindung zu Gott aufrechtzuerhalten und wie in meinem Fall sogar zu intensivieren.

Ich möchte keineswegs in Abrede stellen, dass der Mensch als soziales Wesen auf ein Miteinander angewiesen ist und dieses ihm sehr gut tut. Trotzdem stelle ich die vielleicht provokante Frage, ob man wirklich einsam sein kann, wenn man in seinem göttlichen SELBST wurzelt. Ist es nicht eher so, dass die Einsamkeit immer dann hereinbricht, wenn man sich statt im Innen im Außen verankert und dann wie im Lockdown zu Corona-Zeiten oder allgemein in persönlichen Krisen all die Dinge im Außen wegbrechen, mit denen man für gewöhnlich identifiziert ist; wenn man, wie Jesus sagt, sein Haus auf Sand (auf das, was die Welt bietet und aufgrund ihrer Dualität nicht verlässlich ist und gar nicht sein kann) und nicht auf Fels (die unerschütterliche, ewig währende Liebe und Fürsorge Gottes) baut (Mt 7,24-27)?

Vor vielen Jahren – wir pflegten unter uns Religionslehrer/-innen regelmäßige Einkehrtage – hatte ich ein einschneidendes Erlebnis, das ich mit einer lieben Kollegin teilte. Wir waren während eines solchen Exerzitienaufenthalts in einer Übung gebeten, zehn Dinge zu notieren, die uns im Leben wichtig sind. So weit, so gut. Im Folgenden sollten diese zehn Dinge sukzessive auf zunächst fünf, dann drei reduziert werden, was nicht einfach, aber letztendlich doch machbar schien. Vielleicht kannst du dir denken, was nun im letzten Schritt gefordert war: Was setzt du auf die Nummer eins, wenn alles andere wegbricht? Möglich, dass ich in der Unruhe und der Hektik des Alltags anders entschieden hätte; die Stille des Hauses um mich herum ermöglichte mir seinerzeit eine derartige innere Zentrierung, die mich ohne zu zögern GOTT an die erste und einzige Stelle setzen ließ. Wow! Ich war selbst erstaunt über die Klarheit des Ergebnisses und ich bin mir heute sicher, von sanfter Hand dorthin geführt worden zu sein. Ich habe die Richtung von ein paar Sackgassen abgesehen, in denen ich die Belange der Welt für allzu wichtig hielt, bis heute beibehalten, ohne jedes Bedauern und mit zunehmender Freude im Herzen.

So denke ich in Bezug auf die Studie, dass Alleinsein im engeren Sinne nicht zwingend zu Einsamkeit führen muss. Wir können also allein sein - ohne dass jemand physisch um uns herum ist - und gleichermaßen durch unsere tiefe Verbundenheit mit Gott niemals wirklich einsam.
Wie könnten wir jemals Einsamkeit erfahren, wenn wir mit Gott durch unser Leben gehen? Er ist DIE verlässliche Größe in unser aller Leben schlechthin, auch wenn wir uns dessen nicht gewahr sind.


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