Die Frage nach Gott
Sonntag, 3. November 2024
aus spiritueller Sicht (Susanne)
Der Begriff „Gott“ ist für zahlreiche Menschen negativ, zumindest aber kindlich-naiv besetzt, weswegen es unumgänglich ist, den Versuch zu starten, ihn neu zu definieren.
Zuvor ist es wichtig zu verstehen, dass die Vorstellung von Gott zu keiner Zeit eine feste Größe war, sondern stets der jeweiligen Entwicklungsstufe des individuellen und gesamtethnischen menschlichen Bewusstseins entsprach (siehe Die Entwicklung des Gottesbegriffs). Allein der Gott des Alten Testaments umfasst mehrere Entwicklungsstufen und damit Gottesbilder, angefangen vom Familiengott Abrahams, Isaaks und Jakobs über den Kriegsgott Jahwe bis hin zum allmächtigen monotheistischen Gott der Zehn Gebote.
Mit Jesus kam ein völlig verändertes Gottesbild ins Spiel, das in weiten Teilen durch das organisierte Christentum verkannt wurde und damit anfällig war für die Religionskritik der Neuzeit. Dass das Bild des auf dem Thron sitzenden Gottes (BLAUE Stufe nach Ken Wilber) wissenschaftlicher Kritik nichts entgegenzusetzen hat, liegt auf der Hand – zu sehr war und ist es in weiten Teilen immer noch geprägt vom alten, überkommenen Bewusstsein der Kirchen und in Folge ihrer Gläubigen, ein Bild, das sich als Projektion eben dieses Bewusstseins in der Vorstellung von Gott niedergeschlagen hat, wie der Religionskritiker Ludwig Feuerbach folgerichtig darlegte.
So war es unumgänglich, dass Jesus vor 2000 Jahren, als er von Gott und dem Himmelreich sprach, weitestgehend missverstanden wurde. In jedem seiner (historischen) Worte, besonders deutlich im nichtkanonischen Thomasevangelium, wird klar, dass Gott mit unendlicher Liebe gleichzusetzen ist; jegliche Idee eines urteilenden, richtenden Gottes wurde damit aufgehoben – was teilweise für uns immer noch schwer verständlich ist, da wir in unserer Welt dem Konzept von Recht und Gerechtigkeit verhaftet sind und dieses nach außen, in diesem Fall auf unser Bild von Gott, projizieren.
Für das höhere Bewusstsein Jesu (Stufen TÜRKIS und KORALLE nach Ken Wilber) ist Gott die Quelle, aus der alle Schöpfung strömt und sich speist. In dieser nie versiegenden, liebenden Verbindung mit der Quelle hat sich Jesus selbst erfahren und wurde damit zum Christus, zum Gesalbten, zum Erleuchteten. Und wir dürfen es ihm gleichtun, so fremd uns dieser Gedanke auch sein mag: Wenn wir unseren Ursprung wiedererkennen und die lebendige, kraftvolle Verbindung zu ihm leben, kommen wir in unsere ureigenste göttliche Schöpferkraft, in der alles mit allem machtvoll energetisch verbunden ist.
So ist Jesu Gottesbild nicht nur kompatibel mit den Erkenntnissen der Quantenlehre, sondern gleichermaßen mit den Inhalten der östlichen Weisheitstraditionen, was letztendlich jedoch nicht verwundert, ist man sich doch heute recht sicher, dass Jesus längere Aufenthalte im östlichen Kulturkreis hatte und er offen war für dessen Gedankengut - einschließlich der Lehre der Reinkarnation. So war Jesus Suchender und Erkennender zugleich, ein großartiger spiritueller Lehrer und Meister, der sich selbst nie - wie dann im organisierten Christentum geschehen - auf ein Podest stellte, sondern uns ermunterte, uns - wie ihm selbst geschah - in unserer göttlichen Identität zu erkennen. Das ist genau das, was mit „Erwachen“ gemeint ist.
In der Einführung in die spirituelle Perspektive heißt es: „Diese unsichtbare Wirklichkeit (auch Himmel genannt) kann durch Gewahrsein und Bewusstheit erschlossen werden.“ Was heißt das? Kommen wir zum viel zitierten „Hier und Jetzt“: „Hier“, also nicht woanders, und „Jetzt“, also weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft – ein zeitgemäßer Ausdruck für den uralten Gottesnamen JAHWE im Alten Testament. Gott offenbart sich Mose im brennenden Dornbusch (Ex 3,14) als der „ICH-BIN-der-ICH-BIN“. So einfach, so klar: Der Gott des ewigen Seins, des ewigen Jetzt, in dem Zeit und Raum sich auflösen – und doch gleichermaßen so schwer zu verstehen bzw. darin einzutauchen, sind wir doch alle Kinder unseres denkenden Ego-Verstandes, der uns über alle nur möglichen Abwehrmechanismen beständig vom Sein im Moment abhält.
So lässt sich Gott sowohl in seiner eher unpersönlichen Eigenschaft als ewiges Bewusstsein, als grenzenloses Feld unendlicher Potenziale begreifen als auch in seiner persönlichen, konkreten in der Schöpfung als sein Abbild, also auch in uns. Sowohl als auch. In allem, was ist.
Dazu eine treffende Erzählung: In einer fernen Stadt lebte ein begnadeter Bildhauer. Seine Werke schmückten die Anlagen und Alleen, und jedermann fand sie atemberaubend schön. Der Künstler lebte allerdings sehr zurückgezogen und zeigte sich niemals in der Öffentlichkeit. Eines Tages kam ein Reisender in die Stadt und bewunderte die Statuen. Sie gefielen ihm so sehr, dass er unbedingt den Künstler kennenlernen wollte. Doch niemand konnte ihm sagen, wo er anzutreffen sei. Da erst bemerkten die Bewohner der Stadt, dass keiner ihn je gesehen hatte. Die Statuen waren, so schien es, von selbst an ihren Standort gelangt. Dann aber trat ein alter Mann vor und sagte, er habe das Glück, ihren ungreifbaren Schöpfer zu kennen. „Wie ist das zugegangen?“, wollte der Fremde wissen. Der alte Mann antwortete: „Ich stand vor diesen wunderbaren Kunstwerken und bewunderte sie zutiefst. Je länger ich sie betrachtete, desto besser gefielen sie mir. Ihre Feinheit übertraf alles, was ich bisher gesehen hatte. Ich konnte einfach nicht davon ablassen, sie zu bewundern. Irgendwie musste der Schöpfer wohl bemerkt haben, wie tief versunken ich war, denn plötzlich stand er zu meinem größten Erstaunen neben mir. Ich sagte: ‚Warum zeigen Sie sich mir, wo doch niemand anderer Sie hatte finden können, wie sehr man auch nach Ihnen suchte?‘ Er antwortete: ‚Kein Schöpfer kann widerstehen, wenn jemand sein Werk so sehr liebt, wie Sie es tun.‘“
Gott erkennen geht nicht über den Verstand; dieser ist der Wissenschaft vorbehalten. Gott erkennen heißt, ihn tief im Innersten zu erfahren.
aus wissenschaftlicher Sicht (Peter)
Da keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über das vorliegen, was VOR dem Urknall war, wir auch nicht wissen, was SEIN WIRD, wenn sich dereinst alle, auch die naheliegenden Strukturen des Alls verflüchtigt haben werden, wir zudem keine Vorstellung haben, was sich hinter Dunkler Materie oder Dunkler Energie verbirgt und schon gar nicht, was unter Viele-Welten vorstellbar ist, kann der Physiker auch lediglich spekulieren, ob es Gott gibt und wer oder was unter Gott zu verstehen ist.
Da nicht einmal die Frage nach strengem Determinismus oder auch Zufall geklärt ist, ist es müßig zu spekulieren, falls es einen Schöpfergott gibt, ob dieser sein Experiment „Universum“ laufen lässt oder ob er regulierend eingreift. Und, wie bereits gesagt, besteht auch theoretisch die Möglichkeit der Entstehung des Alls aus dem absoluten Nichts.
Wir sind wohl auf Spekulationen, zumindest, wenn wir die wissenschaftliche Perspektive einnehmen, angewiesen. Mehr lässt sich aus gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht ableiten. Transzendenz ist keine physikalische Dimension.
Lies hier den achten Teil meines Blogs über die großen Fragen der Menschheit.
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